Erasmus+ Projekte – Leitaktion 1
Erasmus + – Leitaktion 1 – Projekte 2022/ 2023
Durch die Akkreditierung des Europaseminars Gießen können nun im Schuljahr 2022 / 2023 Ausbildungskräfte und Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst Schulhospitationen / Schulpraktika und Job-Shadowing im europäischen Ausland durchführen.
Die Themen wie Demokratiebildung, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, Lernen und Arbeiten in Europa, neue pädagogische Konzepte, Salutogenese, Inklusion und Digitalisierung stehen dabei im Vordergrund und sollen bei den Schulerkundungen bearbeitet werden.
Eine solche Auslandsmobilität im europäischen Ausland soll den Horizont für den eigenen Unterricht und die Schulentwicklung, aber auch über die jeweilige Kultur im Ausland, erweitern.
Ziel ist es, das Erkundete an der Schule und im besuchten Unterricht im europäischen Ausland zu reflektieren und Positives in die eigene Arbeit als Lehrkraft und in die eigene berufliche Schule zu überführen.
Siebzehn Ausbildungskräfte erkundeten in diesem Rahmen die Emma Hellenstainer Schule (Landesberufsschule für das Gast- und Nahrungsmittelgewerbe) Brixen.
Sieben Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst haben im Frühjahr 2023 Praktika und Hospitationen sowie Job-Shadowing an diversen Schulen im europäischen Ausland durchgeführt. Dank der Finanzierung durch Erasmus + war dies für die zukünftigen Lehrkräfte möglich.
Im folgenden werden die Berichte dazu veröffentlicht.
Jobshadowing an der Landesfachschule für Sozialberufe Hannah Arendt in Bozen/Italien
Im Rahmen der Erasmus+ Mobilitätsaktivität „Jobshadowing“ absolvierte Frau Gerhardt, eine LiV der Fachrichtung Sozialwesen sowie des Unterrichtsfachs Politik und Wirtschaft, im Februar 2023 eine fünftägige Hospitation in der Landesfachschule für Sozialberufe Hannah Arendt in Bozen/Italien. Die Fachschule bildet Jugendliche ab 14 Jahren sowie Erwachsene aus, die als pädagogische Fachkräfte Menschen aller Altersspannen und unterschiedlichster Bedürfnisse oder Beeinträchtigungen in den verschiedenen Lebensbereichen begleiten.
„Sich anderer annehmen bedeutet, dem Leben einen Sinn zu geben.“ Dieses Zitat der jüdi-schen Publizistin und politischen Theoretikerin Hannah Arendt (1906-1975) ist gut sichtbar an der Eingangstür angebracht. Diese Haltung der Annahme war für die LiV von der ersten Minute an spürbar. Ein herzliches Willkommen und aktives Hineinnehmen in den prakti-schen Unterricht der Schüler/innen gab der LiV an allen Tagen intensive Einblicke in die pra-xisorientierten Ausbildungen. Besonders spannend war die praktische Umsetzung der Lern-felddidaktik. Innerhalb des jeweiligen Lernfeldes absolvieren die Schülerinnen etwa acht sogenannte „Arbeitsproben“, so dass sie am Ende des Jahres rund 50 Arbeitsproben durch-laufen haben. Diese sind fachübergreifende Settings mit häufig praktischer Anwendungs-aufgabe, die z.B. in Form von Rollenspielen durchgeführt werden.
Insgesamt war es eine intensive Woche mit vielfältigen Anregungen zur praxisorientierten, sozialpädagogischen Ausbildung, sehr bereichernden Kontakten und Einblicken in das Profil dieser inklusiven und nachhaltigen Schule.
https://www.sozialberufe.berufsschule.it/de/home
Jobshadowing am IDM Thun in der Schweiz- Handlungsorientierung und Nachhaltigkeit
Wir, Theresa und David, zwei Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst des Europa-Studienseminars Gießen, verbrachten eine Woche am Berufsbildungszentrum IDM in Thun, einer kantonalen Berufsschule mit fünf Standorten im Berner Oberland, die auf die Aus- und Weiterbildung in den Bereichen Industrie, Dienstleistung und Modede-sign spezialisiert ist. Zudem bietet sie mit ca. 3000 Lernenden, 280 Mitarbeitenden und 175 Klassen ein breites Spektrum an Bildungsangeboten. Insgesamt werden 28 Ausbildungsangebote in der beruflichen Grundbildung und berufsspezifische Weiter-bildungsmöglichkeiten angeboten, die den Lernenden eine umfassende und praxisna-he Ausbildung ermöglichen. Weiterhin können Schüler*innen an Brückenangeboten (berufsvorbereitende Schuljahre und Vorlehre) teilnehmen oder die Berufsmaturität erlangen, um für die Fachhochschule zugelassen zu werden.
Am IDM Thun haben Projektarbeiten einen hohen Stellenwert. Die Schüler*innen kön-nen beispielsweise in Teams an realen Problemstellungen arbeiten. Ein Beispiel ist das vierte Lehrjahr der Zeichner*innen Fachrichtung Architektur, das mit der Unter-stützung der DEZA 14 Flüchtlingsunterkunft-Projekte entwickelt. Durch die Begleitung der Lehrkräfte entsteht ein hoher Praxisbezug und die Schüler*innen werden durch lebensweltnahe Handlungssituationen motiviert.
Am IDM Thun arbeiten die Schüler*innen auch praktisch. Dies konnten wir insbeson-dere im Bereich Bäckerei, Konditorei und Confiserie beobachten. Dabei haben die Lernenden im Unterricht ein kreatives Produkt für den Valentinstag hergestellt, wodurch sie ihre handwerklichen Fähigkeiten und ihre Kreativität demonstrieren.
Zudem kooperiert die Schule mit anderen Berufsbildungseinrichtungen im In- und Ausland. Eine Partnerschaft wurde mit den berufsbildenden Schulen Jever (Deutsch-land) aufgebaut. Im Rahmen der Partnerschaft konnten sechs Logistikschüler*innen aus Thun die Berufsschule in Jever besuchen und sich beruflich weiterbilden. Solche Kooperationen ermöglichen es den Schülern*innen, ihre Fähigkeiten in einem interna-tionalen Kontext zu erproben und sich so auf zukünftige Aufgaben im Berufsleben vorzubereiten.
Das Berufsbildungszentrum legt außerdem großen Wert auf Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit, was sich unter anderem durch die Bereitstellung von Wasserspendern, der Nutzung von Solarenergie zur Stromerzeugung und der Einrichtung von Insekten-hotels zeigt. Zudem unterstützt die Mensa die regionale Landwirtschaft durch den Kauf von Lebensmitteln vor Ort.
LERNEN MIT AUSSICHT – Jobshadowing am Institut in Beatenberg in der Schweiz
Unser Tag in Beatenberg beginnt mit einem 1,2 km langen Schulweg, der die beiden Häuser „Talblick“ und „Bärnetmutz“ verbindet und auch von den Lernenden mehrmals täglich absolviert werden muss. Die Schultage beginnen zwischen 07:30 Uhr und 8:00 Uhr in den Räumlichkeiten der Lernteams. In diesen haben die Lernenden einen eigenen, individuell gestalteten Arbeitsplatz mit wunderschöner Aussicht auf die Berge. Dort Arbeiten die Lernenden selbstständig an ihren Arbeitsaufträgen und werden bei Bedarf von den Lehrenden unterstützt. Das eigenständige Lernen in den Lernteams wird durch die sogenannten Fachateliers, für die Fächer Mathematik, Deutsch, Englisch und Französisch, unterstützt. In diesen geben die Lernenden ihre erarbeiteten Aufgaben ab, besprechen fachliche Inhalte und erhalten neue Wochenaufgaben. Dabei werden sie nicht nach Jahrgängen, sondern nach drei Leistungsniveaus eingeteilt (1-3). Während der Lernteams und Fachateliers konnten wir einen Eindruck von der Struktur sowie der Beziehung zwischen den Lehrenden und Lernenden erhalten und Ideen für den eigenen Unterricht sammeln. Am Nachmittag hatten wir die Möglichkeit an den „Activs“ (Bspw. Jobtraining, Meinungsforschung, Kultur, Fußball und Unihockey) teilzunehmen. Dabei hat uns das große Engagement der Lernenden begeistert. Das Leitbild des Instituts Beatenberg lautet „Fit fürs Leben“ – in fachlicher, aber auch in emotionaler, sozialer, physischer und mentaler Hinsicht. Bei dem Erwerb der unterschiedlichen Kompetenzen steht die Eigenverantwortung der Lernenden im Mittelpunkt. Durch ihre Bezugscoaches werden sie auf ihrem Weg unterstützt und begleitet. Gerade weil der Schulalltag am Institut Beatenberg so stark von unserem Alltag an einer hessischen Schulen abweicht, haben wir zahlreiche Eindrücke und Ideen für die eigene Arbeit gewinnen können.
Eine Woche Job Shadowing in Frankreich am Lycée Nicolas Brémontier in Bordeaux
Mitte März war es endlich soweit und die Reise nach Bordeaux sollte beginnen! Vom 13.-17. März 2023 absolvierte ich ein einwöchiges Job Shadowing an der Schule „Lycée Nicolas Brémontier“ in Bordeaux in Frankreich.
Das Lycée hat einen wirtschaftlichen Schwerpunkt und ist mit einer beruflichen Schule in Deutschland zu vergleichen. Die meisten Schulzweige des Lycées sind mit der Fachoberschule und dem Beruflichen Gymnasium in Deutschland vergleichbar, da sie mit dem Baccalaureat (dem französischen Abitur) enden. Innerhalb der Woche besuchte ich schwerpunktmäßig den Unterricht in wirtschaftsbezogenen Fächern, hospitierte jedoch auch im Englisch-, Deutsch- oder Kunstunterricht. Zum Beispiel nahm ich am „Forum des Metiers“ teil, eine Vorstellung des Schulzweiges von Schüler*innen für zukünftige Schüler*innen.
In den Klassen herrschte eine angenehme Lernatmosphäre und die Schüler*innen waren mir gegenüber sehr offen. Die Lernenden arbeiteten selbstständig mit Wochenplänen, Kann-Listen und Selbstlernvideos. In Kleingruppen wurden kleine Projekte durchgeführt und in der Klasse präsentiert. Unterstützt wurde die Projektarbeit durch vorgefertigte Projektstrukturpläne und durch die beratende Tätigkeit der Lehrkräfte. Eine Lerngruppe simulierte ein Onlinemeeting zum geplanten Verkauf eines Produktes an Kunden im Ausland.
Besonders freute ich mich darüber, meine französischen Sprachkenntnisse im Laufe der Woche verbessert zu haben. Am Ende der Woche konnte ich dem Unterricht auf französisch bereits sehr gut folgen und flüssigere Gespräche mit den Schüler*innen und Kolleg*innen führen. Die sehr eindrucksvolle Hospitationswoche endete mit einem gemeinsamen Abschlussdinner mit meiner Ansprechpartnerin für das Praktikum und einer Kollegin. Erfreulicherweise wird der Kontakt mit dem Lycée weiterhin bestehen bleiben, da die Kaufmännische Schulen in Marburg und das Studienseminar Gießen im Mai zwei Lehrerinnen aus Bordeaux begrüßen dürfen.
Ausbildungskräfte des Europa-Studienseminars erkunden die Emma Hellenstainer Schule in Brixen
„Lernen in Eigenverantwortung“ ist das pädagogisch, didaktische Konzept, das an der Emma Hellenstainer Schule (Landesberufsschule für das Gast- und Nahrungsmittelgewerbe) in Brixen im Unterricht zur Anwendung kommt.
Dieses Konzept konnten die Ausbildungskräfte des Europaseminars bei einer Erasmus +– Fortbildung erkunden.
Im Zentrum dieses Konzeptes steht das selbständige Lernen und Arbeiten der Lernenden. Es beinhaltet kurze Inputphasen mit intensiven Phasen des selbstorganisierten Lernens. Schülerinnen und Schüler übernehmen auf diese Weise viel Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess. Bereits seit zehn Jahren wird an und mit diesem Konzept gearbeitet und es wird stetig weiterentwickelt.
Im Rahmen der Schulerkundung fanden Gespräche mit der Schulleitung und dem Kollegium statt. Themen dazu waren unter anderen die pädagogische Konzeption der Schule, die Digitalisierung in Schule und Unterricht, die zukünftige europäische Zusammenarbeit und die Verbindung von Theorie und Praxis in der Berufsausbildung.
Dem Schulbesuch folgte ein intensiver Austausch auf Seiten der Ausbildungskräfte. Das Erkundete wurde reflektiert, evaluiert und Überlegungen wurden angebracht, wie sich dieses Konzept des „Lernens in Eigenverantwortung“ in den Modulen und Veranstaltungen im Seminaralltag und ebenso im Unterricht an beruflichen Schulen verankern lässt.
Zudem wurden Ideen für die Portfolioarbeit in der Lehrkräfteausbildung entwickelt. Die Neuausrichtung der Europa-Arbeit und zukünftige Erasmus + – Mobilitäten wurden ebenfalls thematisiert.
Europa-Studienseminar für berufliche Schulen in Gießen kooperiert mit der Haaga-Helia-Universität in Helsinki
Titel: Berufliche Bildung 4.0: Transnationale phasenübergreifende Kooperation zur Weiterentwicklung medienbasierter Unterrichtsarrangements in der Modularbeit „Erziehen, Beraten und Betreuen“ (EBB) und „Diagnostizieren, Fördern und Beurteilen“ (DFB).
Finnland ist als eines der führenden Länder beim PISA-Vergleich ein begehrtes Ziel, um zu erkunden, warum dieses Land so erfolgreich im Bereich der Bildung ist.
Fragen, die sich uns stellen sind:
- Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede existieren bei der Lehrerausbildung von Finnland und Deutschland (hier Hessen)?
- Wie findet Lehrerausbildung medial statt?
Bildung 4.0 ist das angestrebte Ziel.
Eine erste Mobilität fand im Januar 2020 statt. Weitere Mobilitäten konnten aufgrund der Pandemiesituation nicht durchgeführt werden. Stattdessen trafen sich die Projektpartner mit Bildungseinrichtungen in Oslo, Linz und Pretoria am 24.03.2021 in einem internationalen Webinar, um über die Lehrerausbildung in Zeiten von Covid-19 zu sprechen.
Zudem fand ein digitaler Workshop am 2. Dezember 2021, organisiert von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst des Europaseminars mit Ausbildungskräften, statt. Durchgeführt mit Studierenden und Dozenten der Haaga-Helia-Universität Helsinki zum Thema: Digitale Didaktik in Lehre und Ausbildung.
Ende Mai 2022 ist das Projekt zu Ende und wir haben trotz Corona gute Ergebnisse erzielt. Leider konnte nur eine Mobilität in Real durchgeführt werden, aber diverse Onlinetreffen und ein Webinar und ein Online-Workshop fanden statt. Die Kooperation mit der Haaga-Helia Universität Helsinki soll weitergeführt werden.
Hier Auszüge aus den Ergebnissen:
- Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Potentiale der jeweiligen Ausbildungssysteme wurden sichtbar
- Sicherer Umgang mit verschiedenen Videokonferenzsystemen (Teams, ZOOM) Lernplattformen (Teams, Moodle) und kreativer Onlinetools (Padlet, Taskards, Edkimo, Mentimeter, Miroboard etc. )
- Nutzung digitaler Tools im Seminar und in der Schule
- Entwicklung von Konzepten für hybrides Lehren und Lernen
- Professionelle Darstellung der Ausbildungsarbeit in Englisch
- Kreative Teamerfahrung
- Entwicklung und Nutzung eines Corporate Design bei digitalen Meetings
- Interkulturelles Lernen motiviert die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst internationale Zusammenarbeit fortzusetzen.
- In authentischen Situationen haben alle Teilnehmenden den Mut in der Fremdsprache zu kommunizieren
- Erfahrungen bei der Organisation und Durchführung von internationalen, digitalen Begegnungen schaffen die Kompetenz, ähnliche internationale Meetings digital selbst zu organisieren und zu leiten.
- Der Raum als dritte Pädagoge ist ein wichtiger Bestandteil der finnischen Ausbildungsarbeit. Elemente dieser Didaktik wurden auch im Studienseminar bei der Gestaltung des Zimmers für die Ausbildungskräfte umgesetzt.
Gefördert durch: EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung